abseitiges

2012/03/12

Adopt a revolution

Während sich die internationale Gemeinschaft über eine militärische Intervention in Syrien in den Haaren liegt, hilft ein Projekt aus Berlin unbürokratisch und schnell. „Adopt a Revolution“ rüstet die Aktivisten mit Handys, Kameras und Bargeld aus – geschmuggelt über Mittelsmänner. In zweieinhalb Monaten sind 90000 Euro zusammen gekommen.

Das Gesicht oder die Stimme zu zeigen, ist zu gefährlich.
Demonstranten in Al Yadudah

Es ist ein schlimmes Gefühl, wenn wieder ein Aktivist plötzlich verschwindet. „Manchmal habe ich noch am Vorabend mit ihm geskypt, und dann ist er wie vom Erdboden verschwunden – und ich weiß, dass er irgendwo gefangen gehalten und gefoltert wird“, sagt Elias Perabo. Täglich verschwinden Menschen, mit denen der Politikwissenschaftler und seine Kollegen zusammenarbeiten. Manchen gelingt das Leben im Untergrund, manchen sogar die Flucht nach Jordanien, den Libanon oder die Türkei, aber viele lassen ihr Leben, wenn Assads Schergen sie in die Finger bekommen. Mindestens 95000 Menschen sind im In- und Ausland auf der Flucht, schätzen die Vereinten Nationen.

»Wir sind die legitimen Vertreter Syriens«

Ein Interview mit dem Berliner Grünen-Politiker Ferhad Ahma. Ahma gehört dem syrischen Nationalrat an. Er ist vor 15 Jahren aus Syrien geflüchtet und kämpft nun darum, wieder zurückzukommen – als demokratischer Vertreter seines Landes.

Bisher hat sich der syrische Nationalrat für friedliche Demonstrationen stark gemacht. Anfang März wurde dann ein Militärbüro für den Kontakt zur Freien Syrischen Armee eingerichtet, außerdem fordern Vertreter die Bewaffnung der Revolutionäre. Ist das eine Kehrtwende?
Wir lehnen bewaffnete Bodentruppen weiterhin ab, aber wir fordern die internationale Staatengemeinschaft auf, jede Möglichkeit zu diskutieren, die die Zivilbevölkerung schützen könnte – seien es humanitäre Korridore oder Schutzzonen. Der Nationalrat hat sich nur entschlossen, die Verantwortung für die bis zu 20000 desertierten Soldaten zu übernehmen, die sich in der Freien Syrischen Armee zusammengeschlossen haben. Wir passen auf, dass sie nicht auf eigene Faust handeln, und wir beschützen ihre Familien. All diese Maßnahmen dienen nur den Schutz der Zivilbevölkerung.

Und auch dazu, den Einfluss von Islamisten und Jihadisten wie Al-Qaida einzudämmen? Die jüngsten Bombenattentate in Damaskus und Aleppo sollen ihre Handschrift tragen.
Bisher haben sich in Syrien noch keine Al-Qaida-Truppen als solche zu erkennen gegeben. Aber allein durch die lange Grenze mit dem Irak können wir nicht ausschließen, dass Islamisten nach Syrien gekommen sind. Auch in Tunesien, Libyen und Ägypten haben sie versucht, sich einzuschleichen. Dabei haben die Aufstände gezeigt, dass ihre Ideologie nicht akzeptiert wird. Die Menschen haben nicht den Weg der Bombe, sondern den Weg der Straße gewählt. Die Revolution ist eine Niederlage für die Jihadisten.